Heilung 2005

Ein neues Jahr - schauen wir mal, was es für mich bringt!
Januar 2005
Die erste kleine OP steht an. Unter örtlicher Betäubung wurden die Implantate im Unterkiefer freigelegt. Gleichzeitig wurde eine Verstibulumplastik vorgenommen. Das klingt schlimmer als es ist. Aber der Reihe nach.

Ich gebe ganz offen und ehrlich zu: ich hatte Schiß. Obwohl ich OP-mäßig schon so viel durchgemacht habe. Aber da war ich ja komplett ausgeschaltet und nun sollte der chirurgische Eingriff nur mit örtlicher Betäubung erfolgen. Schon allein der Gedanke an die Spritzen zur Betäubung setzten mir zu. Und vor dem Unfall hatte ich auch schon größere Zahngeschichten durch. Wenn man ängstlich ist, wartet man ja geradezu auf negative Erlebnisse!
Die Betäubungsspritzen waren dann auch nicht ganz ohne. Obwohl durch den Unfall der Hauptnerv unwiederbringlich geschädigt ist, merke ich noch verdammt viel auf dieser Seite.
Mein Arzt erklärte mir hierzu, dass es ersteinmal ja nicht nur einen Nerv gibt. Das ist zwar der größte und wichtigste, aber ringsherum gibt es noch weitere Nerven. Diese und auch die Nerven der Gegenseite übernehmen jetzt einen Teil der Arbeit. Und aus diesem Grund merke ich auf der verunfallten Kieferseite noch Schmerz.
Nachdem dann endlich die Betäubung einsetzte, legte der Chirurg mit seiner Arbeit los: Die Implantate wurden freigelegt, d.h. er öffnete die darüber befindliche Schleimhaut und drehte einen Titanstift mi

Die Betäubungsspritzen waren dann auch nicht ganz ohne. Obwohl durch den Unfall der Hauptnerv unwiederbringlich geschädigt ist, merke ich noch verdammt viel auf dieser Seite. Mein Arzt erklärte mir hierzu, dass es ersteinmal ja nicht nur einen Nerv gibt. Das ist zwar der größte und wichtigste, aber ringsherum gibt es noch weitere Nerven. Diese und auch die Nerven der Gegenseite übernehmen jetzt einen Teil der Arbeit. Und aus diesem Grund merke ich auf der verunfallten Kieferseite noch Schmerz.
Nachdem dann endlich die Betäubung einsetzte, legte der Chirurg mit seiner Arbeit los: Die Implantate wurden freigelegt, d.h. er öffnete die darüber befindliche Schleimhaut und drehte einen Titanstift mit "Abdeckhäubchen" in das Implantat. Das eigentliche Implantat sollte man sich wie einen Dübel vorstellen, der in der Wand ergo im Kiefer steckt.

Da meine Schleimhaut etwas zu übig ausgebildet war, nahm er dort noch ein wenig über dem Kiefer weg. Damit soll eine Bewegung der Schleimhaut an den Implantatstiften vermieden werden. Die Schleimhaut sollte also straff gespannt anliegen. Würde diese beweglich sein, können Essensreste u. ä. an dieser Stelle eindringen.
Meine Wangeninnenseite war außerdem mit der Kieferaußenseite vernarbt. Durch die Zerfetzung der Wange und des Kiefers bildeten sich beim Verheilen einerseits Narbenzüge und andererseits wuchs die Schleimhaut ein wenig zu viel. Da dies ebenso zu einer Bewegung an den Implataten führen kann, führte der Chirurg eine Vestibulumplastik durch. Dabei trennte er die Wangeninnenseite von der Kieferaußenseite und löste die Vernarbungen. Er schuf also wieder eine neue Backeninnenseite.

Ich war froh, als alles vorbei war. Das die Wange wieder dick wurde, war mir ja schon hinreichend bekannt. Zum Glück nähte der Chirurg mit sich selbst auflösenden Fäden, so dass mir das Fädenziehen erspart blieb.

Seit dem 18.01.2005 bin ich arbeitslos gemeldet, da die Krankenkasse ihre Krankengeldzahlungen nach 76 Wochen einstellt und meine EU-Rente noch nicht bewilligt wurde.
Nach der Reha im September 2004 stellte ich den Antrag auf EU-Rente, da ich nicht mehr arbeitsfähig bin. Im Dezember 2004 wurde dieser Antrag abschlägig entschieden. Dagegen habe ich natürlich sofort Widerspruch eingelegt. Als ich Anfang Januar mal nach dem Stand nachfragte, sagte man mir, man hätte sehr viel zu tun und ich solle doch zur Überbrückung Arbeitslosengeld beantragen. Dies war mir völlig schleierhaft, da ich ja nicht mehr arbeitsfähig und somit auch nicht mehr vermittelbar bin.
Aber tatsächlich - ich bekomme aufgrund des schwebenden Rentenverfahrens Arbeitslosengeld.

Februar 2005
Das Arbeitsamt "lud" mich zu einer Amtsärztlichen Untersuchung, bei der festgestellt werden sollte, ob und inwieweit ich arbeitsfähig bin.
Die BfA beauftragte weiterhin meine behandelten Ärzte, meinen aktuellen Gesundheitsstand in sogenannten Befundberichten zu beurteilen.

März 2005
Am 10.03.2005 fand nunmehr nach zweimaliger Terminverschiebung der Strafprozeß gegen die vermutlichen Verursacher meines Unfalls statt.
Allein schon die Terminverschiebungen zehrten an meinen Nerven, da alles wieder hoch kam. Auch wenn ich tagtäglich mit den Folgen zu kämpfen habe, so versuche ich, irgendwie das Ganze zu verdrängen. Sonst würde ich jeden Tag in einer Ecke sitzen und heulen.

Über den Prozeß werde ich an anderer Stelle berichten.

Am 24.03.2005 erfolgte im Arbeitsamt die Auswertung der Amtsärtzlichen Untersuchung von Mitte Februar.
Im Gutachten lautet es: " Die Probandin ist zur Zeit und vorraussichtlich länger als 6 Monate nicht leistungsfähig unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes."
Etwas anderes habe ich mit meinen gesundheitlichen Einschränkungen auch nicht erwartet.
Das Arbeitsamt hat außerdem ein sogenanntes Vetorecht bei der BfA, dass heißt: stuft mich die BfA weiterhin als arbeitsfähig ein, widerspricht dann das Arbeitsamt. So hat man mir es zumindest erklärt.
Das Gutachten des Amtsärzlichen Dienstes des Arbeitsamtes habe ich natürlich sofort der BfA zur Verfügung gestellt.

April 2005
Anfang des Monats teile mir die BfA mit, dass man mich zu zwei Gutachtern schicken will - einen Orthopäden und eine Ärztin für Neurologie und Psychatrie, um meinen derzeitigen Gesundheitszustand besser zu beurteilen können.
Die beiden Termine waren dann "sehr kurzfristig" für Mitte Mai beanraumt.


Juni/Juli 2005
Am 30.06.2005 hieß es für mich mal wieder, ins Krankenhaus einrücken. Für mich schon zu einer gewissen Routine.
Am Vorbereitungstag traf ich beim Narkosegespräch einen "alten Bekannten" - der Arzt betreute mich u.a. auf der Intensivstation (davon weiß ich logischerweise nichts) und bei einer der zahlreichen OPs war er mein "Sandmännchen". O.k., mit OP-Kleidung sehen ja fast alle Ärzte gleich aus. Als er mich jedoch zum Narkosegespräch aufrief, hatte ich sofort das Gefühl, diesen Arzt zu kennen.
Es klingt blöd, für mich war das aber ein seltsames Gefühl der Vertrautheit und Geborgenheit, wieder mit den Menschen zu tun zu haben, die mich kennen.

Bei der OP wurde mir im Oberkiefer das Metall des letzten Eingriffes entfernt und 2 Implantate gesetzt. Das 3. Implantat wird aber erst in ca. einem halben Jahr gesetzt, wenn bis dahin meine Zähne gerichtet sind und man genau sagen kann, an welcher Stelle die ästhetisch beste Position ist.
Ich kann nur hoffen, dass sich bis dahin der Kiefer nicht allzu sehr zurück bildet. Man sagt ja, das spätestens nach 6 Monaten die Implantate gesetzt werden sollen, um eben den Abbau zu verhindern. Sollte dies doch geschehen sein, wird wieder ein Aufbau erforderlich. Dann aber mit der schon beschriebenen künstlichen Masse, da es nur ein kleines Gebiet betrifft.

Weiterhin ist mir die Narbe auf dem Schulterblatt korrigiert worden. Zur Erinnerung: durch das unglückliche Aufliegen hatte sich dort ein ziemlich großer und tiefer Dekubitus gebildet.
An der Stelle war nur noch dünne Narbenhaut über dem Knochen. Zudem war das Ganze noch angewachsen, so das ich etwas in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt war und sich häßliche Falten beim Bewegen bildeten.
Ich sollte nach der OP meine Schulter schonen, um zu verhindern, dass sich die Narbe breit zieht. Die Stelle ist an sich ein wenig unglücklich, da schon ein normales Bewegen zu Spannungen auf dem Schulterblatt führt.
Jetzt ist die Narbe nun doch ein bissel breiter geworden. Aber sie sieht um Welten besser aus als zuvor.
Am 05.07.2005 war auch dieser Krankenhausaufenthalt zu Ende.

Mitte des Monats teilte mir die BfA mit, dass man nach den 2 Gutachten (Mai 2005! und zahlreiche Arztberichte im Vorfeld) noch keine abschließende Aussage zu meinem Rentenanspruch treffen kann. Man würde mir erst mal eine weitere Reha genehmigen.
Das ist doch reine Hinhaltetaktik! Nach der Reha fordert dann die BfA wahrscheinlich wiederrum neue Gutachten an, und so weiter. Mir wurde das jetzt zu bunt und ich schaltete meinen Anwalt ein.
Ich kann nur jedem ähnlich Betroffenen raten, zum Anwalt zu gehen.
Ein Anruf vom Anwalt und man bewilligt mir die volle EU-Rente zeitlich befristet bis zum Ende der angekündigten Reha-Maßnahme. Welch ein erster Erfolg!
Die Rente wird ab meinen Rentenantrag gewährt - ich hatte die Wahlmöglichkeit, ob ich den Rentenantrag oder aber den Reha-Antrag 2004 als Beginn gewertet haben will. Nun warte ich auf das endgültige Schreiben.
Gleichzeitig mit mir erhalten auch meine Krankenkasse (zahlte Krankengeld) und das Arbeitsamt (zahlt seit Januar 2005 eine Art Überbrückungsgeld, da das Rentenverfahren schwebt) die Mitteilung, dass man mir EU-Rente gewährt. Diese beiden Stellen müssen sich dann mit der BfA in Verbindung setzen, um Rückforderungen ihrerseits (Krankengeld, Arbeitslosengeld) an die BfA geltend zu machen.
Das heißt, ich muß für den Zeitraum von Oktober 2004 bis jetzt nicht an Krankenkasse und Arbeitsamt meine monatlichen Auszahlbeträge zurück zahlen. Erhalte logischerweise auch keine doppelte "Bezahlung". Die Verrechnung nehmen Krankenkasse, Arbeitsamt und BfA untereinander vor.
Erst wenn die Ansprüche von Krankenkasse und Arbeitsamt geregelt sind, zahlt mir die BfA meine Rente aus.


Der 23.07.2005 - mein zweiter Geburtstag
Eigentlich ist es nicht nur mein zweiter Geburtstag, denn schließlich saß mein Freund ja mit im Auto. Da er ohne einen Kratzer davon kam, denkt nur keiner an ihn.
Ich möchte auf diesem Weg bei allen Freunden nochmal Danke sagen!

September 2005
Nach meiner ersten Freude über die schnelle Reaktion der BfA aufgrund des Anrufes meines Anwaltes hatte sich bis Anfang des Monats NICHTS getan.
Auf mein telefonisches Nachfragen erfuhr ich, dass man mir keine Auskunft geben kann und auch nicht weiterarbeiten könnte, da mein Anwalt die Akte angefordert hätte (das war ja o.k. von ihm).
Eine weitere Woche später erklärte mir die BfA, dass ich deshalb noch nicht den Rentenbescheid erhalten habe, da meine Einwilligung für die Reha-Maßnahme noch fehlt. Jetzt mußte ich dann doch lachen - ich hatte wenige Tage nach dem Schreiben zur Bewilligung einer Reha (Juli 2005 - daraufhin war ich zum Anwalt gegangen)ein Eingangsschreiben über den Reha-Antrag erhalten. Und damals dachte ich noch, man ist so clever bei der BfA und gibt die Unterlagen einfach zur Reha-Abteilung weiter, wenn man mich schon von Amts wegen zu einer Reha schickt.
Aber weit gefehlt - da weiß die linke Hand nicht was die rechte Hand macht.

Aber ab und an gibt es auch noch so richtig gute Nachrichten! Ich hatte im Mai diesen Jahres bei meiner Krankenkasse nachgefragt, ob und inwieweit die Möglichkeit eines Zuschusses zu meiner anstehenden kieferorthopädischen Behandlung besteht.
Fragen kostet bekanntlicherweise nichts und meine Behandlung ist aufgrund des Unfalles von Nöten.
Außerdem hatte ich noch bei der Krankenkasse zwecks des Zuschusses zur implantologischen Versorgung nachgefragt.
Ich hoffe, ich bekomme jetzt noch alles zusammen: man erhält für den "Aufbau" auf dem Implantat (also der Zahn auf dem "Dübel" - ganz salopp gesagt) einen Festzuschuß. ABER: da in meinem Fall der Gegenbiß fehlt, fällt dieser Zuschuß geringer aus.
Da der fehlende Gegenbiß in meinem Fall nichts mit mangelnder Mundhygiene zu tun hat, dachte ich mir, dass da eine Nachfrage berechtigt sein dürfte.

Und dann kam dieses tolle Schreiben der Krankenkasse: da bei mir eine Ausnahmeindekation vorliegt und eine konventionelle Versorgung mit Zahnersatz nicht möglich ist, zahlt man mir die Versorgung mit Implantat und Suprakonstruktion (Zahn). Und bei der kieferorthopädischen Behandlung übernimmt die Krankenkasse einen Teil der Kosten.
Das war fast wie Ostern und Weihnachten an einem Tag. Auf diesem Weg noch mal ein herzliches Dankeschön an meine Krankenkasse!

November 2005
Im Oktober reichte ich meinen Reha-Antrag wunschgemäß bei der BfA ein. Es dauerte so lange, bis ich alle entsprechenden Unterlagen (z.B. von der Krankenkasse) zusammen hatte.
Die BfA heißt seit letzten Monat Deutsche Rentenversicherung. Der Einfachheithalber schreibe ich jedoch weiterhin BfA. Und dann kam endlich Mitte November Post von der BfA. Es war allerdings immer noch nicht mein Bescheid zur angekündigten EU-Rente. Es war die Ablehnung der Reha!

Ich dachte, ich sei im falschen Film: erst will mich die BfA unbedingt zu einer Reha schicken, da man angeblich meinen Gesundheitszustand noch nicht abschließend beurteilen kann und dann lehnt man selbige ab. Als Begründung hieß es dazu, dass sich mein Gesundheitszustand nicht bessern wird.
Wissen die bei der BfA eigentlich noch, was sie wollen?!

Lehnt man mir die Reha mit eben dieser Begründung ab, heißt das doch im Umkehrschluß, dass man mir die Rente bewilligt? Also telefonierte ich wieder mit der Widerspruchsstelle, bei der ja meine ganze Akte liegt. Auch zwei Mitarbeiter waren der gleichen Meinung, dass man mir nach der Rehaablehnung Rente bewilligt. Ich würde den Bescheid in den nächsten Tagen erhalten.

Dezember 2005
Bis Mitte des Monats hielt man mich seitens der BfA hin, dass der Rentenbescheid in den nächsten Tagen an mich geschickt wird. Ich wunderte mich nur, dass man angeblich immer noch nichts im Computersystem der BfA diesbezüglich feststellen konnte und die Akte gerade immer unterwegs war. Da ich langsam die Nase von dieser Arbeitsweise voll hatte, schaltete ich erneut meinen Anwalt ein.

Und dann geschah das schier Unfassbare: ich wurde doch noch zur Reha geschickt!!!!!

Es ist schon irgentwie traurig, dass man um jeden Cent kämpfen muß. Jahrelang zahlt man brav seine Rentenbeiträge, aber wehe, man benötigt von dieser Seite mal Hilfe. Es mag richtig sein, dass Rentenversicherungsträger verdammt viel zu tun haben.
Aber man muß sich einfach mal in die Antragsteller hineinversetzen, die liebend gern arbeiten möchten, aber aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme gar nicht mehr arbeiten können, selbst wenn sie wollten.


Hier geht es mit der Heilung 2006 weiter

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